Paydirekt im Test
Seit November 2015 ist ein neuer PayPal-Konkurrent online. paydirekt ist natürlich nicht der erste Online-Bezahldienst, der Branchen-Krösus PayPal zum Duell rausfordert. Trotzdem dürften der Anbieter selbst und das theoretische Potenzial von paydirekt interessant sein. Zumindest auf den ersten Blick.
Doch der Reihe nach. Zunächst einmal ist paydirekt wie PayPal auch ein Online-Bezahlsystem. Shoppen und Check-out … beides online kombiniert und umgesetzt. Aber da hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf.
Was ist Paydirekt?
Paydirekt ist ein deutsches Gemeinschaftsprojekt von privaten Banken, genossenschaftlichen Instituten und Sparkassen. paydirekt kann sicherlich als strategische Investition und Antwort der Banken auf die Internet-Bezahl-Konkurrenz gesehen werden.
Die Allianz hinter paydirekt verfolgt durchaus hehre Ziele. Über kurz oder lang will sich paydirekt als konkurrenzfähiges Gegenangebot zu PayPal etablieren und dem US-Unternehmen dauerhaft Paroli bieten.
Anders als PayPal verzichtet Paydirekt auf externe Dienstleister. Kunden registrieren sich einmalig und schalten ihr Girokonto im Onlinebanking frei. Einkäufe werden direkt, inklusive Prüfung der Zahlungsfähigkeit, per Lastschrift vom Girokonto gebucht.
Die Vorteile von paydirekt im Überblick
- Keine externen Dienstleister zwischengeschaltet
- 50 Millionen onlinefähige Bankkonten (theoretisch)
- Einfaches Bezahlen via Online-Banking
- Sensible Kontodaten nach deutschem Bankenstandard gesichert.
- Für Kunden kostenlos und gebührenfrei
Die Nachteile von paydirekt
- Akzeptanz im Handel
- Nur in Deutschland und bei deutschen Online-Shops verfügbar
- Händler schließen keine Verträge mit paydirekt, sondern individuell mit den einzelnen Kreditinstituten
- Aus Kundensicht kein wirklicher Nutzenvorteil gegenüber PayPal
Alle Konditionen im Überblick
Allgemeines
Metadaten | |
---|---|
Bezeichnung | paydirekt |
Anbieter | paydirekt GmbH |
Typ | Online-Bezahlsystem |
System | paydirekt-App |
Verwendung | |
Apps | Andoid, iOS |
Endgeräte | Smartphones bzw. Smartdevice |
Akzeptanz | Online-Shops in Deutschland |
Handel | Pilotprojekt |
Bargeldverfügung | nein |
Alle Gebühren im Überblick
Grundgebühren | |
---|---|
Kosten für App | nein |
Jahresgebühr | – |
Jahresumsatz | – |
Mahnungsgebühr | – |
Ersatzgebühr | – |
Aufladung | |
Aufladegebühren | – |
Aufladung per Banküberweisung | – |
Aufladung per Gutschein | – |
Aufladung per Sofortüberweisung | – |
Weitere Auflademöglichkeiten | – |
Bezahlung | |
Kontaktlose Zahlung | – |
Nutzung in Fremdwährung | nicht möglich |
Überweisung | |
Rücklastschrift | k. A. |
Lastschrift | Girokonto |
Geldübertragung von Kunde zu Kunde | – |
Wo lässt sich mit paydirekt bezahlen
paydirekt ist ein rein nationales System und kommt (vorerst) nur in Deutschland zum Einsatz. Das heißt, dass ausschließlich in deutschen Online-Shops eingekauft bzw. bezahlt werden kann. paydirekt ist als ein offenes System konzipiert, dem die Banken beitreten können und das sich problemlos weiterentwickeln lässt. So die Theorie. Der Status Quo ist aber nun mal so wie beschrieben und weit entfernt vom »State oft he Art«. Denn auch die Masse an national teilnehmenden Händlern ist überschaubar. 26 Online-Shops (Stand: Ende Februar 2016) nutzen paydirekt als Online-Bezahlverfahren. Die bekanntesten unter ihnen sind HARIBO und Alternate, eines der größten Versandhäuser für Heim- und Unterhaltungselektronik, Hardware und Software.
Konkurrent PayPal beispielsweise operiert global. Ganz gleich ob ein Händler nun in China oder Wanne-Eickel firmiert, geshoppt wird international.
Wer steckt hinter paydirekt?
Zu Hause ist die paydirekt GmbH in der Main- und Bankenmetropole Frankfurt. Hinter paydirekt steckt und steht quasi die komplette deutsche Kreditwirtschaft. Also, mehr oder weniger, alle in Deutschland vertretenen Privat- und Genossenschaftsbanken sowie die Sparkassen – wenn auch diese sich nur zögerlich und verspätet angeschlossen haben.
Welche Gebühren fallen bei paydirekt an?
Der paydirekt-Bezahlservice ist für den Kunden kostenfrei. Händler und Shop-Betreiber werden bei Verkäufen und Transaktionen zur Kasse gebeten.
Problem: paydirekt betreibt eine undurchsichtige Gebührenpolitik. Das liegt daran, dass Händler nicht mit paydirekt, sondern mit den teilnehmenden Kreditinstituten individuell verhandeln und Verträge abschließen. Im Grunde müssen Shop-Besitzer mit jeder teilnehmenden Bank einzeln verhandeln. Kleinere Händler könnte der immense Aufwand abschrecken. Und genau da beißt sich die Katze in den Schwanz. Die bislang überschaubare Akzeptanz im Handel ist nämlich die wohl größte paydirekt-Baustelle.
Zwar bietet paydirekt ein Vermittlermodell an, bei dem beispielsweise ein Payment-Service-Provider Händlern die nötige Plattform bietet, aber umsonst gibt’s diese Leistung verständlicherweise nicht.
Auch PayPal berechnet bei Geldempfang und Verkäufen eine Händler-Gebühr. Die Gebührentabelle wird transparent und für jeden nachvollziehbar auf der PayPal-Website kommuniziert.
Wie sicher ist paydirekt?
paydirekt hat sich das Thema Sicherheit groß auf die Fahnen geschrieben und sieht darin einen entscheidenden Vorteil – für Kunden sowie im »Kampf« gegen PayPal. Anders als der US-Konkurrent verzichtet paydirekt auf einen externen Dienstleister. Käufer- und Händlerkonto kommunizieren ohne Umwege miteinander. Bezahlt wird via Online-Banking und direkt über das eigene Girokonto.
Sensible Kundendaten bleiben anonym und sind weder für Händler noch sonst wen ersichtlich. Die Daten werden nach »strengen Bankenstandards« verschlüsselt. Außerdem werden Kundeninformationen nicht weiterverwertet oder verkauft, wie bei anderen Anbietern von Zahlungsdiensten durchaus gängige Praxis.
Wie schon erwähnt, funktioniert paydirekt als rein nationales System. Da paydirekt nur in Deutschland verfügbar ist, unterliegen sämtliche Daten dem deutschen Bankgeheimnis und dem deutschen Datenschutzgesetz.
Das ist zunächst einmal gut zu wissen, aber nicht wirklich spektakulär. Etliche Online-Bezahldienste sind bereits am Markt etabliert. Die Sicherheitsfrage adäquat zu beantworten kann nicht als innovative Errungenschaft präsentiert werden.
Käuferschutzsystem
Der Einkauf wird nur dann abgewickelt, wenn die Ware auch tatsächlich versendet wird. Händler sind einer Bringschuld verpflichtet. Sie müssen gegenüber paydirekt einen Liefernachweis erbringen. Für Kunden besteht ein 30-tägiges Reklamationsrecht. Innerhalb dieser 30 Tage ab Kontobelastung kann reklamiert werden. Wird die bestellte Ware nicht geliefert, greift der Käuferschutz. Im Fall der Fälle wird der volle Kaufbetrag inklusive Versandkosten erstattet.
Wie lässt sich mit paydirekt bezahlen?
Bei Einkäufen wird das Girokonto der Hausbank per Lastschrift belastet. Kunden melden sich mit ihrem Benutzernamen und Passwort an. Gelegentlich kann aus Sicherheitsgründen eine zusätzliche TAN-Eingabe erforderlich sein. Die Einkäufe werden, nach Prüfung der Zahlungsfähigkeit, per Lastschrift vom Girokonto gebucht. Wer nach alternativen Bezahloption schielt, wird bitter enttäuscht.
Bei Klassen-Primus PayPal können gleich mehrere Karten und Konten hinterlegt werden. Zudem lässt sich mit paydirekt bislang nur auf deutschem Boden shoppen. Das ist dann doch sehr ernüchternd.
Es steht auch eine paydirekt-Mobilversion zum Download bereit. Während die PayPal-App voll einsatzfähig ist und auch unterwegs ihren Dienst am Kunden nachkommt (Rechnungen/Einkäufe bezahlen), informiert die App von paydirekt lediglich über Transaktionen. Dies zwar in Echtzeit, aber … Da ist noch deutlich Luft nach oben.
Die App kann kostenlos im App-Store (iOS) und bei Google play heruntergeladen und anschließend auf dem Smartphone oder Tablet installiert werden.
Was kann paydirekt?
PayPal scheint omnipräsent. Rund 180 Millionen Kunden und 7 Millionen Händler weltweit nutzen PayPal. paydirekt kommt gefühlt zehn Jahre zu spät. Sicherlich kann paydirekt einige gute Argumente auf der Habenseite verbuchen, aber letztlich hinkt man dem Standard hinterher – und das ist noch sehr diplomatisch formuliert.
Jetzt befindet sich paydirekt in der Auf- und Ausbauphase. Soweit so gut. Da gehören Kinderkrankheiten einfach zum guten Ton. Man wird allerdings den Eindruck nicht los, dass der 2015er-Release von paydirekt auf dem technischen Stand von 2004 basiert. Sicherheit hin, Datenschutz her; sicherlich alles gute Argumente, keine Frage, aber allein damit lässt sich nun mal nicht punkten – nicht 2015 und nicht bei der fast übermächtigen Präsenz von PayPal. Der etwas günstigere Preis gegenüber dem amerikanischen Unternehmen dürfte als Argument kaum ausreichen.
Der Wettbewerb tut grundsätzlich allen gut. Anbieter müssen liefern, dürfen in Entwicklung und Service nicht stagnieren. Das kommt dem Kunden zupass. Bloß macht es Sinn, ein Rennen zu bestreiten, das vor Startschuss schon verloren scheint?
Optimisten werden mit Floskeln wie »wer nicht kämpft, hat schon verloren« gegenhalten, doch Realisten können leicht kontern. Braucht es tatsächlich ein weiteres Internet-Bezahlsystem? Ein System, das nicht mal auf Augenhöhe, geschweige dominant agiert?
Updates
März 2016
- Der zur Sparkassen-Finanzgruppe gehörende Zahlungsdienstleister Payone hat ab sofort auch paydirekt integriert.
April 2016
- Seit Ende April 2016 steht paydirekt nun auch den Kunden der TARGOBANK zur Verfügung.
- Ebenfalls seit Ende April 2016 können die Institute des öffentlich-rechtlichen Sektors (z.B. Landesbanken und deren Töchter) ihren Kunden paydirekt anbieten. Die BW-Bank (Baden-Württembergische Bank) als Tochter der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) hat die Chance auch gleich ergriffen und stellt ihren Kunden paydirekt zur Verfügung.
- Zum Weihnachtsgeschäft 2016 plant der Metro-Konzern (Media Markt, Saturn, Real), paydirekt als Bezahlmöglichkeit in seinen Shops anzubieten.
- Concardis hat für paydirekt das Händlerkonzentrator-Modell umgesetzt, kann Kunden, die seine Zahlungsmodule in ihren Online-Shops einsetzen, also nun auch paydirekt anbieten.