Die Zukunft der Apple Card wird neu gemischt
Verbraucher hierzulande sind hauptsächlich mit Apple Pay, dem digitalen Wallet das Kartenzahlungen per Smartphone oder Smartwatch möglich macht, vertraut. In den Vereinigten Staaten hat Apple schon den nächst logischen Schritt getan und gibt seit 2019 eine eigene Kreditkarte namens – wie sonst? – Apple Card heraus. Deutsche Apple-Fans werden jedoch weiter auf die Mastercard-Karte warten müssen, deren Zukunft ungewiss bleibt.
Das Wichtigste in Kürze
- JPMorgan Chase will als neuer Partner die Apple Card in den USA übernehmen – mit Vorbehalten
- Die Apple Card wird seit 2019 von Problemen geplagt
- Dazu zählen eine große Kreditausfallrate, ein undurchsichtigen Bewilligungsprozess und hohe Kundenbetreuungskosten
Neuer Träger für die Apple Card
Wie viele andere namhafte Unternehmen lässt Apple die tatsächliche Abwicklung der Zahlungsdienste von einem etablierten Finanzdienstleister vornehmen. In diesem Fall handelt es sich um die Goldman Sachs Group, ein Name, der selbst Finanzlaien spätestens seit der Weltwirtschaftskrise 2008 bekannt sein müsste. Dies könnte sich jedoch demnächst ändern, da US-Bankgigant JPMorgan Chase & Co. ist Berichten zufolge an einer Übernahme der Apple Card interessiert.
Kreditkarten mit Apple Pay EinbindungSo schreiben unter anderem das Wall Street Journal und CNBC das Verhandlungen zwar laufen, jedoch gibt es einige Streitpunkte. So will JPMorgan nicht die vollständigen ausstehenden Kredite in der Höhe von 17 Milliarden Dollar übernehmen und die Kundenbetreuung umstellen.
Apple nimmt alle Kunden – selbst mit fragwürdigen Finanzen
Die Apple Card war schon länger dafür bekannt, eine höhere Ausfallrate als andere große Kreditkarten zu haben. In 2022 waren über ein Viertel der Apple-Card-Kredite an Karteninhaber mit geringer Kreditwürdigkeit gegangen.
Die besten Kreditkarten ohne GrundgebührenGoldman Sachs rechtfertigte die Probleme als Kinderkrankheiten des Einstiegs in das Kreditkartengeschäft. Apple war bei der Wahl der Kunden nicht wählerisch und soll so viele der über 100 Millionen iPhone-Besitzer wie möglich an die Karte vermittelt haben wollen. Die Apple Card ist dahingehend breit aufgestellt, Kunden zahlen nämlich keine Jahres-, Fremdwährungs-, Überziehungsgebühren oder einen Säumniszuschlag. Die Karte kann zudem direkt als virtuelle Karte in der Apple Wallet App beantragt und innerhalb von zwei Minuten ausgestellt werden. Schätzungen zufolge konnte Apple damit 17 Millionen Kunden gewinnen.
Prüfungsalgorithmus und andere Tücken
Um überhaupt so viele Kunden so schnell zu überprüfen setzt Goldman Sachs einen Algorithmus ein, der Kreditlimit und den Sollzinssatz für den jeweiligen Inhaber bestimmt. Neben der hohen Akzeptanzrate von weniger gut aufgestellten Kunden war der Antragsprozess wegen Voreingenommenheit gegenüber Frauen in der Kritik. Mehrere Darstellungen, darunter auch Apple-Mitbegründer Steve Wozniak, beschrieben, dass bei verheirateten Paaren mit gemeinsamen Finanzen bis zu 20-mal höhere Kreditlimits für Männer vergeben wurden. Eine Untersuchung der New Yorker Finanzbehörde fand keine bewussten Verstöße gegen Gleichbehandlungsgesetze, da Geschlecht nicht erfragt wurde.
Die Apple Card gestaltete sich aus einem weiteren Grund unrentabel für Goldman Sachs. Auf Wunsch von Apple bekommen Apple-Card-Kunden ihre Abrechnung immer zum Monatsanfang, was auf gute Resonanz stieß. Das Gegenmodell, das andere Kreditkartenanbieter nutzen, stellt diese stattdessen über den gesamten Monat verteilt an die Kunde zu. Ansonsten sammeln sich Kundenbeschwerden und -anrufe zur selben Zeit. Die Folge: ein überlasteter Kundenservice zu Anfang des Monats und wenig Aktivität in der restlichen Zeit. Goldman Sachs musste beträchtlich mehr Mitarbeiter zur Betreuung der Kunden anstellen.
JPMorgan sitzt am längeren Hebel
Die Apple Card macht dem Finanzdienstleister also Verluste in Milliardenhöhe. Daher sucht Goldman Sachs laut Insidern seit Anfang 2023, die Trägerschaft der Kreditkarte abzustoßen und sich aus dem Geschäft zurückzuziehen. Durch eine Umstellung der Abrechnung ist folglich zu erwarten, dass JPMorgan Chase weniger Mitarbeiter zur Betreuung der Kunden im Vergleich zu Goldman Sachs benötigen wird.
American Express Kreditkarten im VergleichJPMorgan Chase kann sich also das Stellen von Bedingungen leisten, immerhin gibt es nur eine begrenzte Zahl von Finanzdienstleistern, die Kreditkartenkunden in dieser Zahl tatsächlich stemmen können. Diskussionen mit American Express sollen schon gescheitert sein und andere Interessenten an der angeschlagenen Karte scheint es derzeit nicht zu geben.
Quellen:
- Wall Street Journal zu den Partnerwechselgesprächen
- CNBC-Artikel zu den Übernahmegesprächen
- CNBC-Bericht zu den Kreditausfällen der Apple Card
- CNBC zur geringen Kreditwürdigkeit der Apple-Card-Kunden
- BBC-Bericht zur Voreingenommenheit der Apple-Card
- Wired zur Voreingenommenheit der Apple-Card
- Einordnung der Entscheidung des New York State Department of Finance Services
- Heise.de zur Trennung von Apple und Goldman Sachs
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