Bundesbank-Chef Weidmann und die Abschaffung des Bargelds in Deutschland
Die Abschaffung des Bargelds ist ein immer heißeres und kontrovers diskutiertes Thema, vor allem hier in Deutschland. Nicht wenige Ökonomen fordern eine weltweite Abkehr vom Bargeld, damit die geldpolitischen Maßnahmen der Notenbanken besser und schneller greifen.
Außerdem sei so eine bessere Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus möglich, so die Befürworter eines Lebens ohne Bargeld. Auf dem diesjährigen Zahlungsverkehrssymposium der Deutschen Bundesbank, das in diesem Jahr unter dem Motto „Zahlungsverkehr in Deutschland im Jahr 2015“ geführt wurde, stellte sich Bundesbank-Präsident Jens Weidmann klar gegen eine Bargeldabschaffung.
Weidmann geht in seiner Eröffnungsrede zum Zahlungsverkehrssymposium 2015 auf die Argumente der Befürworter ein. Dabei stellt er sowohl die Thematik des Zahlungsverkehrs selbst dar: In Deutschland wird nach wie vor am liebsten mit Bargeld bezahlt. Zum anderen wirkt er deutlich dem Streben entgegen, Bargeld abzuschaffen, um die Politik der Notenbanken zu stützen.
Weidmann sieht darin eine fehlgeleitete Diskussion
„Meine Damen und Herren, ich halte diese Überlegungen im Kern für eine fehlgeleitete Diskussion.“, so der Chef der Deutschen Bundesbank am Montag dieser Woche. Weidmann weiter: „Zum einen gilt es, sich bewusst zu machen, dass die sogenannte „Nullzinsgrenze“ keine scharfe, exakt quantifizierbare Zinsuntergrenze genau auf der Höhe der Nulllinie darstellt. Vielmehr handelt es sich eher um eine gewisse Bandbreite im Minuszinsbereich.“
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Weidmann nahm sich in seiner Rede auch die Prognosen aufs Korn, dass die Abschaffung des Bargelds die Lage verbessern würde. Der Bundesbank-Chef widerspricht diesem deutlich mit einer klaren Aussage: „Wann genau und bei welchem Negativzins es zu umfangreichen Ausweichreaktionen in Richtung Bargeldhaltung kommen würde, weiß wohl niemand vorherzusagen.“
Warum dies so ist, führt Jens Weidmann, der nach wie vor als einer der schärfsten Kritiker der Geldpolitik von EZB-Chef Mario Draghi betrachtet wird, in seiner Eröffnungsrede zum Symposium weiter aus.
Weidmann: „Der Grund hierfür liegt darin, dass auch die Bargeldhaltung daheim oder im Tresor nicht zum Nullpreis zu haben ist, sondern mit Lagerkosten und auch mit Versicherungsgebühren einhergeht. Und insbesondere für sehr große Bargeldbestände würden möglicherweise die vorhandenen Lagerkapazitäten bei Banken und Unternehmen ohnehin nicht reichen. Sie müssten erst erweitert werden.“
Die Eröffnungsrede von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann zum Zahlungsverkehrssymposium der Deutschen Bundesbank 2015 gibt es hier auf Video zu sehen:
Die Argumente der Ökonomen sind nicht zu halten
Weidmann widerspricht in seiner Rede zur Eröffnung des Symposiums „Zahlungsverkehr in Deutschland im Jahr 2015“ deutlich dem, was Ökonomen wie Kenneth Rogoff, einem der größten Befürworter der Bargeldabschaffung, an Argumenten hervorbringt. Rogoff hat sich vor allem in den vergangenen Monaten immer wieder dadurch hervorgetan, dass er sich für eine Welt ohne Bargeld ausgesprochen hat. Eine Welt, in der alle Zahlungen unbar, und damit nur mit Buchgeld durchgeführt werden können.
Die Bestrebungen seitens der Zahlungsdienste gehen immer mehr in diese Richtung. Mobile Payment ist das Stichwort der Zukunft, und die Technologien hierfür werden stetig verbessert. Bei immer mehr Handelsunternehmen in Deutschland kann kontaktlos bezahlt werden, mit der Kreditkarte, der girocard oder dem Smartphone.
Trotz des Vorstoßes, den Zahlungsverkehr immer mehr bargeldlos zu machen, weil es für den Handel wie für die Banken praktischer und günstiger zugleich ist. Sieht der Bundesbankpräsident noch keine wirkliche Abkehr vom Bargeld. Weidmann auf dem Zahlungsverkehrssymposium: „Eine Verdrängung des Bargelds ist aus meiner Sicht auf absehbare Zeit aber kein realistisches Szenario, unter anderem deshalb nicht, weil sich das Bargeld als Zahlungsmittel bei uns weiterhin großer Beliebtheit erfreut.“
Dies entspricht zugleich den Statistiken von Bundesbank und Bankenverbänden, die immer wieder aufzeigen, dass im örtlichen Handel das Bargeld das nach wie vor mit Abstand beliebteste aller Zahlungsmittel ist.
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Auch das Argument, durch eine Welt der unbaren Zahlungsmöglichkeiten und der Abschaffung des Bargeld könnten Kriminalität und Terrorismus besser bekämpft werden, zieht nicht. Dafür gibt es zu viele andere Möglichkeiten denn Geld, die in einer Welt des reinen Buchgelds die Währung ersetzen würden.
Was früher auf dem Schwarzmarkt funktioniert hat, das Bezahlen mit der berühmten „Zigarettenwährung“ und anderen Dingen, würde im 21. Jahrhundert ebenfalls funktionieren. Heutzutage dank der weltweiten Vernetzung durch das Internet wahrscheinlich sogar noch viel besser denn in früheren Zeiten.
Eine Welt ohne Bargeld ist eine Welt ohne Vielfalt
Nun gibt es Argumente auf beiden Seiten. Auf der, welche das Bargeld abschaffen und nur noch ein reines Buchgeld haben möchte. Auf jener, die das Bargeld behalten möchte und damit weiter eine große Bandbreite an Zahlungsmöglichkeiten zu haben.
Der Präsident der Bundesbank, Jens Weidmann, sieht sich hier nicht nur als der Notenbank-Chef, sondern zugleich als der Verbraucher, der auch er ist. Vor allem die Sicherheit der Technologien, welche im Handel und für Dienstleistungen unbare Zahlungen ermöglichen, sind ihm wichtig.
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Doch selbst wenn dieser wichtige Punkt eines Tages durch die Zahlungsdienste gestemmt ist, wird dies nicht automatisch bedeuten, dass jeder Bundesbürger gleich voller Freude vom Bargeld auf das Mobile Bezahlen wechseln wird.
Viel wichtiger ist aus Sicht der Verbraucher wohl eher, dass es eine Vielfalt an angebotenen Zahlungsmöglichkeiten gibt. Unter denen jeder und jede die eigene, bevorzugte Zahlungsmethode wählen kann. Der eine liebt das Bargeld, weil er sich damit besser und vor allem sicherer fühlt. Der andere hingegen will das schnelle Bezahlen mit dem Smartphone, weil er kein Bargeld mitschleppen möchte, wenn er abends um die Häuser zieht oder spontan unterwegs Einkaufen geht.
Bargeldabschaffung – wird trotzdem kommen
Gut und schön ist es, was der Präsident der Deutschen Bundesbank zur Eröffnung des Zahlungsverkehrssymposiums 2015 in Frankfurt gesagt hat. Aber eines wird dennoch zur Realität werden: Die Abschaffung des Bargelds.
Vielleicht nicht bereits im Jahr 2016, vielleicht nicht schon im Jahr 2020. Doch eines Tages werden die elektronischen Zahlungsmethoden die Überhand gewinnen. Schon allein aus einem einfachen Grund, weil sie deutlich einfacher zu regulieren und zu überwachen sind, als dies beim Bargeld der Fall ist.
Früher oder später werden sich auch die Bundesbürger, die noch das Bargeld mehr lieben denn jede andere Zahlungsmethode, umgewöhnen müssen. Vielleicht erst in zehn Jahren – vielleicht in 20 Jahren. Aufzuhalten ist der Trend hin zu einer Welt ohne Buchgeld längst nicht mehr.
Skandinavien, allen voran dabei Schweden, hat es vorgemacht, andere Staaten werden nachziehen. Davon ist auszugehen, aus Gründen der Regulierung und der Vereinfachung. Unbare Zahlungen sind besser nachzuvollziehen und bei einem Ausbau der Technik eines Tages das Bezahlen schlichtweg schneller machen wird.
Eines Tages wird es nur noch das Buchgeld geben, davon ist bereits jetzt auszugehen. Daneben Zigarettenwährungen, welche dann möglicherweise nicht nur von Kriminellen verwendet werden, sondern auch von jenen, die nicht jede ihrer Zahlungen unter den Augen des Gesetzes und der Regulierung wissen wollen.
Zudem ist im FinanzBuch Verlag aktuell ein Buch zum Thema Abschaffung von Bargeld erschienen. „Bargeld – Alles, was Sie über die kommende Bargeldabschaffung wissen müssen“ von Ulrich Horstmann und Gerald Mann (u.a. erhältlich bei Amazon).
Mit einem Zitat aus der Eröffnungsrede von Bundesbank-Chef Jens Weidmann zum Zahlungsverkehrssymposium 2015 wollen wir diesen Artikel beenden.
Weidmann: „Meine Damen und Herren, vor dem geschilderten Hintergrund bin ich überzeugt, dass die geldpolitisch motiviert Diskussion um die mögliche Abschaffung des Bargeldes am Kern des Problems vorbeigeht. Finanzielle Repression mittels Negativzinsen ausüben zu wollen, ist kein Ausweg, sondern ein Holzweg.“
Dies wollen wir so stehen lassen, und können nur hoffen, dass jene, welche die Geldpolitik der Notenbanken betreiben und die Regierungsgeschäfte in der Hand haben, dies nicht anders sehen.