Die Bargeldabschaffung kommt nicht – oder doch?
Am 21. Mai 2015 fand eine Diskussion von Ökonomen, Zentralbankern und Journalisten über das Für und Wider einer Abschaffung von Bargeld statt. Steht uns das Ende des Bargelds wirklich bevor, wird die Bargeldabschaffung Erfolg haben – und was denken eigentlich die Banken über ein bargeldloses Deutschland?
All dies sind wichtige Fragen, die Bürger wie Experten aktuell beschäftigen und in den kommenden Jahren wohl vermehrt beschäftigen werden. Die Abschaffung des Bargeld ist in anderen Teilen Europas, vor allem in Skandinavien, bereits weit vorgeschritten. In Frankreich wird ab Sommer ein Gesetz zum Tragen kommen, das sowohl Einheimischen wie Touristen deutlich weniger Bargeld wie bisher zum Bezahlen erlaubt.
Die Position des Bundesverbandes deutscher Banken
Der Bankenverband schreibt in seiner Publikation zum Thema „Aktuelles Stichwort: Steht das Ende des Bargeldes bevor?“, dass sich die Forderung nach der Bargeldabschaffung durchaus ökonomisch begründen lässt. Dennoch ginge diese „weitgehend an der Realität vorbei“.
Zudem sieht der Bundesverband deutscher Banken, BdB, in Deutschland einen Sonderfall, wenn es um das bargeldlose Leben geht. „Aufgrund der besonderen Bedeutung des Bargeldes im Alltag der Menschen sollte die Diskussion um die Zukunft des Bargeldes auch die kulturelle Tradition Deutschlands einbeziehen.“, schreibt der BdB dazu in der oben genannten Publikation.
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Doch wird dies auch in mehreren Jahren noch der Standpunkt der Banken hierzulande sein? Oder wird sich nicht eher eines Tages der Wind drehen und dem Bargeld auch in Deutschland der Kampf angesagt werden seitens der Regierung, der Banken und der über der Euro-Zone agierenden Europäischen Zentralbank?
Zigarettenwährung statt Bargeld
Das Thema Abschaffung des Bargelds wird vor allem gerne von jenen forciert, die der Ansicht sind, dass durch eine bargeldlose Welt zugleich Verbrechen und Terrorismus eingedämmt werden können. Genau damit wird bei der Bargeldabschaffung argumentiert. Doch ist das alles nur eine Milchmädchenrechnung.
Das Ausweichen auf andere Währungen, in denen es noch Bargeld gibt, wäre wahrscheinlich. Möglich sogar das Ausweichen auf Güter als Währung, wie die aus früheren Zeiten bekannte Zigarettenwährung. Das heißt im Klartext: Bargeld abzuschaffen, um Kriminalität zu bekämpfen, das Argument mag in der Theorie ja ziehen, in der Praxis, und damit in der Realität, würde die Nummer jedoch ganz schnell wieder verpuffen. Nicht die Kriminellen wären es, welcher bei einer Abschaffung des Bargelds das Nachsehen hätten, sondern jeder Bürger, der damit ein großes Stück seiner Freiheit verlieren würde.
Nutzung von Bargeld kostet mehr Geld als unbare Zahlungsmittel
Ein weiteres Argument für die Bargeldabschaffung ist hingegen tatsächlich nicht von der Hand zu weisen: Wird Bargeld zum Bezahlen genutzt, ist dies teurer als würden von den Bürgern unbare Zahlungsmittel verwendet bei ihren Einkäufen und beim Bezahlen von Dienstleistungen.
- Die Beschaffung von Bargeld kostet den Handel und die Dienstleister Tag für Tag Geld.
- Der Transport zu den Banken selbst kostet Geld.
- Dazu kommt das Personal, welches zum Zählen und Buchen des Bargelds sowohl im Handel wie bei den Banken benötigt wird.
Wird hingegen unbar bezahlt, muss der Händler zwar Gebühren dafür bezahlen aber da die Zahlungen bereits elektronisch verbucht sind, ist dafür ein weit weniger großer Personalaufwand für den Händler erforderlich. Da die Gebühren für Kreditkartenzahlungen zudem deutlich reduziert wurden, sind an den meisten Kassen im Handel inzwischen längst lieber Zahlungen mit Karte (girocard und Kreditkarte) denn Bargeld gesehen.
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Dies wird im Alltag immer offensichtlicher, wenn die Vorgänge an den Kassen und die längst stark geänderte Haltung der Kassierer(innen) und des Verkaufspersonals in Sachen Kartenzahlungen beobachtet werden.
Letztens fragte ein Kunde hinter mir an der Kasse, ob er mit Karte bezahlen könne, weil sein Einkaufsbetrag unter zehn Euro lag. Die Kassiererin daraufhin freundlich: „Bei uns können Sie schon ab 1 Cent mit Karte bezahlen“. Die Zeiten haben sich offensichtlich geändert. Nun sind es die Kunden, die nachziehen müssen mit dem unbaren Bezahlen. Auch wenn eine völlige Abschaffung von Bargeld in Deutschland nach wie vor völlig unrealistisch ist, zumindest aus Sicht der Verbraucher.
Investitionen in neue Technologien
Während in anderen Ländern das bargeldlose Zahlen längst zum Alltag gehört und in Afrika das Bezahlen und Überweisen mit dem Handy schon lange üblich sind, sind Zahlungen mit Kreditkarten und Mobile Payment in Deutschland nach wie vor im Hintertreffen. Der Grund hierfür ist die alte Liebe der Bundesbürger zum Bargeld, noch immer hängt hier wohl die Währungsreformen früherer Jahrzehnte in den Köpfen der Verbraucher.
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Dies hält junge wie bekannte Unternehmen jedoch nicht davon ab, in neue Technologien zu investieren, welche den Zahlungsverkehr durch unbare Zahlungen vereinfachen sollen. Je mehr die Nachfrage nach solchen unbaren Zahlungsmitteln steigt, desto mehr Investitionen wird es in diesem Bereich geben.
Noch ist das Mobile Bezahlen hierzulande im Hintertreffen. Doch die Generation Smartphone, sei es nun jung oder alt, wird sich immer mehr daran gewöhnen, mit dem Gerät zu bezahlen, das man sowieso immer bei sich trägt. Das unbare Bezahlen wird dadurch früher oder später in Deutschland an Bedeutung gewinnen, davon ist auszugehen. Auch wenn der Weg dahin noch ein weiter Weg ist.
Kann eine Wirtschaft ohne Bargeld überhaupt funktionieren?
Eine Welt ohne Bargeld? Ist dies in der Gänze überhaupt möglich? Kann eine Wirtschaft wirklich komplett unbar funktionieren? Diese Frage muss gestellt werden. Die Antwort darauf ist – zumindest im Moment noch – nicht einfach.
Wir leben in einer wichtigen Wirtschaftsnation, hängen aber nach wie vor am Bargeld und bezahlen damit am liebsten. In anderen Ländern ist der Verlauf völlig anders. In Schweden ist das Bargeld in vielen Bereichen schon abgeschafft, nicht einmal alle Bankfilialen halten dort mehr Bargeld vor. Dennoch funktioniert das Land wirtschaftlich.
Aber: Was wäre, wenn irgendwann der Strom ausfällt? Oder die Mobilfunkverbindungen gestört und damit Mobilfunkgeräte und Kreditkarten nicht mehr zum Bezahlen genutzt werden können? Ohne das Internet ist die beste Mobile Payment-Lösung nutzlos.
Mit dem bargeldlosen Zahlungsverkehr ist ein weiter Funktionieren der Wirtschaft eines Landes nicht mehr möglich. Die Bargeldabschaffung bleibt u. a. deshalb ein zweischneidiges Schwert. Für die Banken, den Handel wie für den einzelnen Bürger. Ganz ohne Bargeld werden wohl, zumindest in Deutschland, nur wenige leben wollen. Zumindest heute, vielleicht sieht dies in ein paar Jahrzehnten oder sogar schon Jahren, auch hierzulande ganz anders aus.
Zudem gibt es nach wie vor viele Menschen, die ihr Geld lieber in den Händen halten, als bloße Zahlen im Online Banking zu sehen. Was bei den einen verpönt ist, ist für den anderen Bürger ein wichtiger Punkt der Selbstbestimmung.
,,Geld ist geprägte Freiheit„
schrieb einst einer der bekanntesten russischen Schriftsteller, Fjodor Dostojewski. Auch 150 Jahre später hat dieser Spruch nichts von seiner Wahrheit verloren. Mehr denn je leben wir in einer Welt, in welcher die Menschen durch das Geld beherrscht werden sollen. Die Abschaffung des Bargelds würde den Bürgern, egal welchen Landes, einen großen Teil ihrer Freiheit nehmen.
Im Editorial des aktuellen „FOCUS-MONEY“ (23/2015) trifft der Chefredakteur des Magazins, Frank Pöpsel, den Nerv der Zeit. Pöpsel sieht die Bestrebungen, welche inzwischen nicht nur US-Ökonomen wie Ken Rogoff betreiben, sondern inzwischen auch von einem der Wirtschaftsweisen in Deutschland, Peter Bofinger, verfolgt werden, als bedenklich an.
Die Argumentation der Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung ist nach wie vor gut und schön, aber die Bargeldabschaffung würde Verbrecher und Terroristen wohl weit weniger treffen, dank zahlreicher Ausweichmöglichkeiten wie Sachwährungen und die bereits oben erwähnte Zigarettenwährung. Härter dagegen wäre der Bürger getroffen, der nach einer Abschaffung des Bargelds nicht mehr frei über sein Geld verfügen könnte. Im schlimmsten Falle würde dies bedeuten, dass die Regierungen und Notenbanken die Konten ihrer Bürger einfach dichtmachen könnten.
Damit wäre der Drangsalierung Tür und Tor geöffnet und wer dann die Fäden in der Hand hat, kann aus einstmals freien Bürgern Marionetten machen. Denn eines gilt leider auch im 21. Jahrhundert immer noch und vielleicht eines Tages noch viel mehr: „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“.
Kampf gegen den Bitcoin = Kampf gegen die Freiheit
Es ist schon interessant. Das Bargeld droht nach und nach abgeschafft zu werden. Die wichtigste aller digitalen Währungen aber, die durchaus als Ersatz dafür taugen könnte, der Bitcoin, wird massiv von Politikern, Zentralbankern und Bankern bekämpft.
Warum? Die Antwort liegt auf der Hand. Der Bitcoin ist die einzige frei, unregulierte Währung in dieser Welt. Jeder Mann und jede Frau kann Bitcoins schürfen, so lange er und sie mag. Der Bitcoin kann frei verwendet werden. Mit entsprechenden Programmen ist seine Verwendung nicht nachvollziehbar, die Anonymität der einzelnen Bürger und Institutionen ist gewährleistet.
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Die Interessen von Regierungen und Zentralbanken stehen bei der Bekämpfung des Bitcoin im Vordergrund, die Freiheit des einzelnen Bürgers spielt dabei keine Rolle. Auch beim Kampf gegen den Bitcoin wird der Kampf gegen Terrorismus und Verbrechen vorgeschoben. Irgendwie lahmen diese Argumente immer mehr, mag dies doch auf einen Teil der Bitcoin-Nutzer zutreffen, aber längst nicht auf alle.
Sein Volk zu kriminalisieren, nur weil es am Bargeld festhalten will und zugleich eine freie digitale Währung wie den Bitcoin haben möchte. Ist mehr als bedenklich und sollte die Bürger in aller Welt aufhorchen lassen. Wer jetzt nicht hinsieht, gibt eines Tages seine Freiheit preis, weil er zu lange weggesehen hat. Was sich heute hart und nach Utopia anhört, kann morgen schon Wirklichkeit sein.
Gesamtfazit
Die Diskussionen um eine Welt ohne Bargeld werden weitergehen, davon ist auszugehen. Die Anhänger neuer Technologien, welche mit Mobile Payment den Zahlungsverkehr erleichtern, werden mit Kritikern einer bargeldlosen Welt weiter harsche Worte wechseln. Die Befürworter der Abschaffung des Bargelds werden weiter mit abstrusen Argumenten ankommen, sitzen aber am längeren Hebel. Die Gegner der Bargeldabschaffung am kürzeren.
Früher oder später wird es auch in Deutschland so weit sein, dass eine Begrenzung des Bargelds kommen wird. Noch ist dies eine Zukunftsvision, aber eines Tages wird sie im Alltag der Bundesbürger zur Realität werden.
„Erst kommt der Ruin der Staatshaushalte durch die Politik, dann kommen die Erfüllungsgehilfen in den Zentralbanken, und am Ende steht das Ende der bürgerlichen Freiheiten“, zitiert Frank Pöpsel am Ende des oben genannten Editorials von FOCUS-MONEY den Vorsitzenden der Ludwig-Erhard-Stiftung, Roland Tichy. Wie Pöpsel, so können auch wir diesem nichts mehr hinzufügen.