Warum paydirekt nicht gleich eine Gefahr für PayPal werden wird

Es ist eine Zusammenarbeit, die sich sehen lassen kann. In Deutschland wird paydirekt entwickelt. Ein Online-Bezahlverfahren, hinter dem die Sparkassen, die Genossenschaftsbanken sowie die Privatbanken stehen. Wäre diese Entwicklung vor ein paar Jahren an den Start gegangen, wäre dies »DIE Innovation« schlechthin gewesen. So aber sind die deutschen Geldinstitute wieder einmal weit hinter der Konkurrenz zurück und müssen eine Menge Zeit aufholen.

Warum paydirekt kommen soll

Mit paydirekt soll es nach Ansicht der beteiligten Sparkassen und Banken möglich sein, direkt, einfach und sicher zugleich beim Shopping im Internet zu bezahlen. »Wow« … hätten wir vor ein paar Jahren gedacht!! Ein Bezahlsystem, welches Onlinezahlungen einfacher und sicherer macht!! Nun aber ist paydirekt nicht mehr als »DIE Innovation« zu sehen. Es ist eigentlich nur ein Online-Bezahlverfahren von mittlerweile sehr vielen und sicheren dazu.

Dennoch ist paydirekt etwas, was sich von anderen Zahlungsmethoden abgrenzt: Die Bezahlfunktion ist direkt an das eigene Girokonto geknüpft. Auf das Online-Bezahlverfahren folgend soll außerdem irgendwann die Erweiterung für das mobilen Bezahlen kommen. paydirekt ist dadurch eine Lösung, welche die deutschen Bank- und Sparkassenkunden interessieren könnte. Könnte wohlgemerkt! Das Online-Bezahlverfahren ist erst in der Testphase. In einer Zeit, in welcher andere Zahlungsdienste wie PayPal in jahrelanger Arbeit längst ihren festen Kundenstamm aufgebaut haben.

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Testphase gestartet – statt großem Knall nur leise Töne

In diesem Jahr hätte paydirekt bereits kommen sollen. Nun wurde die Sache mit dem Online-Bezahlverfahren doch langsam angegangen. Zu Beginn dieser Woche hat die Münchner Hypovereinsbank den Start der Testphase von paydirekt eingeläutet. In den kommenden Wochen sollen weitere Banken sowie Händler in die Pilotphase einsteigen.

Laut paydirekt-Geschäftsführer Niklas Bartelt soll das Online-Bezahlverfahren »kontrolliert nach oben« werden. Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa machte Bartelt weiter deutlich: »Wir wollen technisch sauber sein und das können wir nicht, wenn wir einen Big Bang machen.«

Info

Zum Ende dieses Jahres sollen die Girokonten der Banken mit paydirekt ausgestattet werden, welche von Anfang an an Bord waren bei dem Online-Bezahlverfahren. Die Sparkassen sollen dann im kommenden Jahr mit paydirekt an den Start gehen.

Weshalb paydirekt erst jetzt in die Testphase geht

Der bisher fehlende große Knall könnte auch der Grund sein, wieso die neue Zahlungsmethode der Banken und Sparkassen in Deutschland erst jetzt in die Pilotphase startet. Ansonsten sind die Informationen, welches es zum neuen Online-Bezahlverfahren gibt, noch recht dürftig. Die Webpräsenz zu paydirekt besteht bislang gerade mal aus zwei Seiten:

  • der Homepage, welche den Eingang darstellt und
  • einer Seite mit Informationen für Kunden, was paydirekt ist sowie Informationen für interessierte Händler.

D. h. wer wirklich eine klare Übersicht darüber haben will, was paydirekt ist, wann es genau  deutschlandweit startet und warum jemand ausgerechnet und unbedingt paydirekt nutzen sollte, der wird mit einer lieblos gemachten Seite allein gelassen, die sicher weder die Kunden, noch potentiell kooperierende Händler vom Hocker reißen wird.

Sparkassen und Banken im Hintertreffen – andere Zahlungsanbieter waren schneller

paydirekt soll zum Ende dieses Jahres an den Start gehen. Zumindest bei all den Banken, die bereits von Anfang an dabei waren. Da die Sparkassen  aufgrund ihres anfänglichen Zögerns erst später eingestiegen sind beim Online-Bezahlverfahren, werden diese erst 2016 auf den Zug aufspringen und ihre Kunden bis dahin paydirekt nicht nutzen können.

Millionen deutscher Bankkunden können durch die neue Bezahlfunktion erreicht werden. Da paydirekt auch gleich mit dem Girokonto verknüpft wird, wäre dies eine große Nummer. Hätte es werden können. Doch wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

Logo dunkelblau-hellblau von PayPal
© PayPal

Andere Zahlungsdienste und Anbieter von Online-Bezahlverfahren waren einfach schneller. In Deutschland gibt es mittlerweile zahlreiche Möglichkeiten für die Verbraucher im Internet zu bezahlen. Sicher und schnell und auch ganz einfach. Allen voran sei hier PayPal genannt, dem wohl bekanntesten aller Zahlungsdienste.

Ob paydirekt eine Gefahr für PayPal darstellt und tatsächlich ein großer Konkurrent des ehemals zu eBay gehörenden Zahlungsdienstes werden kann? Dies erscheint nach dem aktuellen Stand der Dinge eher fraglich.

Es wird seine Zeit brauchen, das neue Online-Bezahlverfahren auf die Beine zu stellen. Dazu müssen zugleich genug Kunden daran interessiert sein, um tatsächlich auch nur ansatzweise von einer Konkurrenzfähigkeit zu sprechen.

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Alles braucht seine Zeit – auch neue Zahlungsanbieter

Einfach eine neue Zahlungsmethode auf den Markt zu werfen und schon ist man Marktführer? Dies ging früher nicht und wird mit der wachsenden Zahl der Zahlungsanbieter immer schwieriger.

Zwar ist es schön, dass es irgendwann im Jahr 2016 dann ein flächendeckendes Online-Bezahlverfahren für die deutschen Bank- und auch für die Sparkassenkunden geben wird. Aber damit ist nicht zugleich auch dessen Erfolg garantiert.

Wie alle anderen Anbieter, die vor paydirekt kamen, muss auch das neue System die Kunden wie Händler für sich zu interessieren beginnen. Dies geschieht nicht automatisch und nicht einfach so nebenher.

Dies bedeutet einen Aufwand an Marketing und an Überzeugungskraft gleichermaßen. Nur dann hat paydirekt möglicherweise die Chance, neben anderen Zahlungsanbietern bestehen zu können. Von der Marktführerschaft in diesem Bereich erst gar nicht zu sprechen. Eine solche ist in weiter Ferne und vielleicht durch das späte Nachziehen inzwischen längst unerreichbar geworden. Hierbei wird es auch nicht helfen, dass paydirekt unmittelbar an das eigene Girokonto geknüpft ist. Dies bringt nichts, wenn die Kunden der Banken und Sparkassen diese Funktion nicht nutzen, weil sie längst andere Zahlungsanbieter bevorzugen.

Jeder neue Zahlungsanbieter bedeutet Aufwand für Händler

Doch nicht nur das Thema »Kundennutzung« ist wichtig. Nicht minder von Bedeutung ist die Händlerseite, die gewonnen werden muss, um paydirekt überhaupt flächendeckend nutzen zu können. Nun ist das aber nicht einfach so, dass die Händler auf einen neuen Zahlungsanbieter gewartet haben. Das Feld ist längst voller Anbieter von Online-Bezahlverfahren und jeder neue Anbeiter bedeutet zugleich einen Mehraufwand für die Händlerseite.

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D. h. es ist kaum zu erwarten, dass die Händler von sich aus direkt auf den Zug aufspringen. Hier wird paydirekt als Anbieter einiges an Überzeugungsarbeit leisten müssen, um zumindest einen Teil vom Kuchen zu bekommen. Dies wird nicht über Wochen oder Monate geschehen, sondern es wird wohl Jahre brauchen, bis hier wirklich eine hohe Händlerakzeptanz erreicht sein wird. Abhängig wird dies vor allem davon sein, wie viele Kunden wirklich bereit sind paydirekt zu nutzen. Ein neues Online-Bezahlverfahren bedeutet ja nicht automatisch, dass dieses genutzt wird. Selbst dann nicht, wenn dieses, wie paydirekt, unmittelbar mit dem Girokonto verknüpft ist.

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Den Aufwand, den Händler mit der Einführung von paydirekt haben werden, müsste sich für diese auch rechtfertigen. Vor allem durch einen Mehrwert, den sowohl die Kunden wie auch die Händler selbst vom neuen Online-Bezahlverfahren haben. Bislang ist dieser Mehrwert jedoch nicht zu erkennen. Außer, dass paydirekt, wie bereits mehrfach angeführt, an das Konto geknüpft ist. Aber damit zugleich auch abhängig von dem Girokonto ist, was andersherum betrachtet einen Nachteil darstellt für den Kunden.

Je mehr Zahlungsanbieter – desto weniger Übersicht für die Kunden

Für die Händler bedeuten mehr Zahlungsanbieter mehr Aufwand. Für die Kunden bedeutet dies im Umkehrschluss: je mehr Zahlungsmethoden es gibt, desto weniger Überblick ist da.

Da die deutschen Banken und Sparkassen Jahre später als andere Anbieter mit paydirekt den Markt aufzäumen wollen. Für Kunden in Deutschland bedeutet dies möglicherweise nur eines: eben ein weiteres Online-Bezahlverfahren. Eines von vielen und deshalb nicht herausragend aus der Masse.

Hier wird möglicherweise die direkte Anknüpfung an das eigene Girokonto das Zünglein an der Waage sein, wenn es um die Akzeptanz der Kunden geht. Es kann sein, dass dies für viele einen Vorteil darstellen wird. Denn genau dies ist es doch, was bspw. PayPal so besonders macht unter den anderen Zahlungsmethoden: die Zahlungen können nicht nur einfach und sicher durchgeführt werden, sondern der Kunde bewahrt die Anonymität seiner Bankdaten und kann die Zahlungen ganz einfach über eine Email-Adresse ausführen.

Zwar schreibt paydirekt dazu auf der eigenen Website: »Selbstverständlich verbleiben alle sensiblen Kontodaten bei Ihrer Bank oder Sparkasse in sicheren Infrastrukturen, der Online-Shop erhält keinen Zugriff. Die Server von paydirekt stehen in Deutschland.« Weitere Informationen wie die Zahlungen abgewickelt werden sollen, existieren nicht. Hier wird paydirekt noch deutlich mehr an Informationen und Vorteilen liefern müssen, um eine großflächige Händlerakzeptanz, wie auch eine Akzeptanz bei den Verbrauchern zu erreichen.

Was paydirekt so anders macht – oder eben nicht

Was für paydirekt sprechen soll, wäre vor Jahren innovativ gewesen. Nun aber rennt das Online-Bezahlverfahren der Zeit, die vergangen ist, hinterher. »Vertrauenswürdig« soll die neue Zahlungsmethode sein, die sich seit Montag dieser Woche in der Pilotphase befindet. »Einfach direkt« wird sie sein, da die Abwicklung laut paydirekt »nur über Ihr bewährtes Girokonto« läuft.

Die »Datensicherheit« wird natürlich groß geschrieben. So schreibt paydirekt: »Weder paydirekt noch die Banken oder Sparkassen verkaufen Ihre Warenkorb-Informationen.« Also bitte, alles andere wäre ja auch eine dreiste Nummer gewesen …

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D. h. unter dem Strich: paydirekt bietet nicht wirklich etwas an, was sich sehr von anderen Zahlungsanbietern unterscheidet. Einzig bei der Datensicherheit dürfte das Online-Bezahlverfahren möglicherweise wirklich punkten können.

Aber ob das reichen wird, um den Zahlungsdienst der Banken und Sparkassen in Deutschland an die Marktmacht zu treiben? Wir glauben eher nicht. Zumindest nicht in den kommenden Jahren. Hier wird viel Arbeit nötig sein für paydirekt, um eines Tages wenigstens einen halbwegs großen Teil des Kuchens abzubekommen.

Gesamtfazit

paydirekt befindet sich endlich in der Testphase. Ob und wie sich das Online-Bezahlverfahren der Privatbanken, Genossenschaftsbanken und Sparkassen durchsetzen wird, dies wird die Zeit zeigen müssen.

Von einer unmittelbar nach Start folgenden Marktführerschaft auszugehen, wäre eine Illusion. Andere Anbieter, die vor paydirekt kamen, haben drei bis fünf Jahre gebraucht, um sich am Markt zu etablieren. Dies zu einer Zeit, in welcher es noch weit weniger Online-Bezahlverfahren gab, als es mittlerweile der Fall ist. Auf paydirekt wird viel Arbeit zukommen, um Kunden wie Händler für die neue Zahlungsmethode zu gewinnen.

Ob es dabei so vorteilhaft ist, den Dienst unmittelbar mit dem Girokonto zu verknüpfen? Dies wird sich zeigen müssen. Nicht jeder mag es, dass seine Bank oder Sparkasse jeden einzelnen seiner Zahlungsvorgänge im Internet so komplett einsehen kann.

Weshalb hier erneut PayPal die Nase vorn haben dürfte. Dort werden die Zahlungen zwar, je nach Wunsch des Kunden, vom Girokonto oder der Kreditkarte abgebucht. Aber die Bank selbst kann weder den Warenkorb des Kunden einsehen, noch weiß diese, an welchen Händler oder Dienstleister die Zahlung gegangen ist.

Heute.de findet dann doch noch einen Bereich, mit dem sich paydirekt hervortun könnte: »Einen überraschend guten und direkten Kundenservice zu bieten, das wäre zum Beispiel ein Alleinstellungsmerkmal.« Zumindest wenn der neue Zahlungsanbieter diesen Bereich angehen und hier wirklich hervorstechend werden würde.

Ansonsten ist wohl für die kommenden Jahre wohl das Hochkrempeln der Ärmel und harte Arbeit angesagt. Einfach mal so eben beginnen und dann gleich führend sein? Nein, das hat bisher noch niemand geschafft in diesem Bereich und dies wird auch kein neues Online-Bezahlverfahren schaffen. Egal, wer letztlich dahintersteht.