Haftung bei kontaktlosem Bezahlen
Bargeldloses Bezahlen liegt mehr im Trend denn je. Der Europäische Gerichtshof hat kürzlich entschieden, dass Verbraucher nicht für die missbräuchliche Verwendung von Bankkarten – mit denen kontaktloses Zahlen möglich ist – haften, sofern sie den Verlust der Karte gemeldet haben. Geklagt hatte der österreichische Verein für Konsumenteninformation. Nach deutschen Recht sind Kunden allerdings schon länger durch §675 v BGB entsprechend geschützt.
Wie funktioniert kontaktloses Bezahlen?

Kontaktloses Bezahlen bezeichnet die Nutzung einer Girocard, einer Kreditkarte oder eines Smartphones, ohne dass die PIN eingegeben werden muss. Möglich ist dies mithilfe der sogenannten Nahfeldkommunikationsfunktion (NFC). Genutzt wird die Methode zum Bezahlen kleinerer Beträge unter 25 Euro.
Der Abstand zum Bezahlterminal darf nur gering sein, damit der übertragene Datensatz („Token“) übermittelt werden kann. Der verschlüsselt übertragene Token ist nur für diesen spezifischen Bezahlvorgang gültig und kann nicht mehrfach verwendet werden. Die Daten können nicht aus der Ferne abgefangen werden. Das macht diese Bezahlmethode sehr sicher.
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Ist es möglich Daten betrügerisch abzufangen?
Theoretisch ist es möglich die Daten abzufangen. Dazu müsste sich der Betrüger aber unbemerkt mit einem Mobilterminal auf wenige Zentimeter nähern.
Solch ein Angriff ist allerdings unwirksam, wenn die NFC-Geldkarte mit anderen Karten in der Geldbörse aufbewahrt wird. Mehrere NFC-fähige Karten blockieren sich gegenseitig. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) schätzt die Gefahr des Abfangens von Daten im
Vorbeigehen daher als sehr gering ein. Wer aber auf Nummer sicher gehen möchte, kann die NFC-Karte in eine entsprechende Abschirmhülle packen.
Etwas anderes gilt natürlich, wenn die Karte verloren geht oder gestohlen wird. Dann kann eine missbräuchliche Verwendung nicht ausgeschlossen werden.
EuGH-Urteil
Das Urteil C-287/19 des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 11.11.2020 stärkt die Rechte von Verbrauchern. Geklagt hatte der österreichische Verein für Konsumenteninformation (VKI) gegen die österreichische DenizBank. Diese Bank hatte in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) festgelegt, dass Kunden selbst haften müssen, wenn mit ihrer verlorenen oder gestohlenen Karte bezahlt wird. Sie begründeten das damit, dass es ihnen technisch nicht möglich sei eine NFC-fähige Karte aus der Ferne zu sperren. Der VKI reichte Unterlassungsklage ein mit dem Ziel, dass die betreffenden AGBs nicht weiterhin verwendet werden dürfen.
Der österreichische Oberste Gerichtshof hat dem EuGH mittels eines Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 267 AEUV die Zahlungsdienst-Richtlinie 2015/2366 zur Auslegung vorgelegt.
Der Europäische Gerichtshof stellte fest, dass es sich beim kontaktlosen Zahlen um ein anonymisiertes Zahlungsinstrument im Sinne des Artikel 4 Nummer 14 der Zahlungsdienstrichtlinie 2015/2366 handle und der Bank dadurch grundsätzlich Haftungserleichterungen offenstehen.
Weiterhin führten die Richter aus, dass die DenizBank aber nicht von den Erleichterungen profitiere, indem nachweislich falsch behauptet wird die Sperrung der Karte sei technisch unmöglich. Es müsse dem Kunden die Möglichkeit eingeräumt werden der Bank den Verlust oder eine missbräuchliche Benutzung der Karte sofort und kostenlos melden zu können. Hat der Kunde dies getan, dürfen ihm keine finanziellen Nachteile entstehen.
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Haftungsregelung in Deutschland
Selbsthaftung bis maximal 50 Euro
Laut Gesetz müssen Sie als Kunde für Schäden, die bis zur Sperrung entstehen, bis maximal 50 Euro selbst aufkommen. Für Beiträge darüber hinaus und für missbräuchliche Verwendung nach dem Zeitpunkt der Sperrung haftet Ihr Bankinstitut. Das ist im §675 v des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) klar geregelt. Banken dürfen die Haftung nicht in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) auf die Kunden abwälzen.
Doch kontaktloses Bezahlen wird für Kleinstbeträge genutzt, die sich bei missbräuchlicher Verwendung erst in der Wiederholung summieren und womöglich die Selbsthaftungsgrenze von 50 Euro gar nicht erreichen. Die Selbsthaftungsgrenze muss aber nicht durch eine Tat überschritten sein, sondern kann auch durch die Summe aller Missbräuche entstehen.
Einige Banken gehen sogar über die vorgeschriebene gesetzliche Haftung hinaus und kommen Ihnen vertraglich entgegen. Manche Institute haben die Selbsthaftung komplett ausgeschlossen, so dass Sie für keinerlei Schäden, auch nicht unter 50 Euro, selbst haften müssen.
Ausnahmen
Der Karteninhaber haftet allerdings immer selbst, wenn er oder sie am Missbrauch der Karte in betrügerischer Absicht beteiligt war.
Die Haftungsbefreiung kann zudem ausgeschlossen sein, wenn der Karteninhaber grob fahrlässig oder sogar vorsätzlich gehandelt hat. Der § 675 l BGB verpflichtet den Kartennutzer dazu alle zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um die Karte vor Missbrauch zu schützen. Je nach AGB Ihrer Bank kann eine Haftungsübernahme abgelehnt werden, wenn zum Beispiel der Verlust der Karte nicht schnellstmöglich angezeigt wurde oder die Karte unbeaufsichtigt blieb.
Hilfe bei Verlust der Karte
Sobald Sie den Verlust Ihrer Kreditkarte bemerkt haben, sollten Sie diese schnellstmöglich sperren lassen. Halten Sie den Namen Ihrer Bank und Ihre Kreditkartennummer bereit.
Notrufnummern
Um die Karte zu sperren, kontaktieren Sie direkt Ihre Bank oder die seit 2005 weltweit gültige kostenfreie Sperr-Notrufnummer +49 116 116.
Wenn Sie sprach- oder hörgeschädigt sind, können Sie sich per Fax an die +49 116 116 wenden. Das Formular zur Sperrung für Kreditkarten stellt das Online Portal Kartensicherheit.de zur Verfügung.
Surftipp: Notrufnummern-Pass
Kreditkartenanbieter | Rufnummer zur Kartensperrung |
---|---|
American Express | 069 97 97 1000 |
Diners Club | 069 900 150-135 / 136 |
MasterCard | 0800 071 3542 |
Visa Deutschland | 0800 811 8440 |
Allgemeine Tipps gegen Kartendiebstahl
Niemand ist vor einem Kartendiebstahl gefeit, aber es gibt einige simple Vorkehrungen, die das Risiko zumindest deutlich minimieren:
- Geben Sie die Kreditkarte nicht aus der Hand. Falls es unter Umständen doch nötig sein sollte, dann lassen Sie Ihre Karte nicht aus den Augen und achten Sie unbedingt darauf, dass Sie die Karte zurückerhalten.
- Lassen Sie Ihre Karte niemals offen in Arbeitsräumen, Schwimmbädern, Krankenhäusern, Hotelzimmern, Einkaufswägen, im Zug, Auto oder ähnlichen Orten liegen.
- Empfehlenswert ist es, die Geldkarte dicht am Körper zu tragen. Optimal sind verschlossene Innentaschen in der Jacke.
- Hinterlassen Sie Ihre Bankkarte nirgends als Pfand.
- Auch wenn Sie Ihre Karte nicht oft benutzen, sollten Sie regelmäßig kontrollieren, ob sie noch da ist.
- Zusätzlich sollten die Kontoauszüge regelmäßig überprüft werden, um nicht genehmigte Zahlungen zu erkennen und Ihrem Bankinstitut melden zu können.
Quellen und weiterführende Links
- Legal Tribune Online: EuGH verneint Haftungserleichterung für Bank
- Beck-Aktuell: EuGH stärkt Verbraucher bei Bankkarten-Verlust
- Polizeiliche Kriminalprävention: EC- und Kreditkartenbetrug